Behind the Wheel – Istanbul

Anny and Sibel Öztürk

The subject of Gastarbeiter creates the crux of Behind the Wheels by Anny and Sibel Öztürk. In the installation Behind the Wheel (2003), the sisters depict the annual trips back to Turkey. The older model Mercedes Benz (or like in Istanbul and in Montenegro another car model) with Offenbach license plate is in the exhibition space, with its rooftop luggage carrier packed with suitcases and a rolled up carpet. The vehicle’s interior is decorated with streamers, doilies, blankets and pillows. One can hear music alongside voices and laughter that remind us of the absent travelers. With maps illustrating the route, drawings (gouaches of moments in the journey), texts on the walls (speaking of longing for the grandfather, the south, the sea), this story tells of the communal experience among the Gastarbeiter, in Germany presenting us a (re)creation of an annual journey between these two countries. Through this work, the Öztürk sisters turn their family trips into a collectively shared experience and memory, and their experience and memory into an art installation.

Although Behind the Wheel might be viewed as a typical work created by the daughters of guest workers, it is an exception as the two sisters Anny and Sibel Öztürk have a rather different (hi)story. Anny was born in 1970 in Istanbul and her sister Sibel in Eberbach am Neckar in 1975. As Anny and Sibel recall:

Our parents left for Germany in 1972. Their decision was made more from a desire for adventure, wanderlust. Both journalists, well off and with one child, they set off to see the world. They did not go to make money. They went to experience something new [16].

Both sisters grew up in Germany and studied at the Städelschule in Frankfurt. When Anny is asked of how being born in Istanbul and spending most of her life in Germany has influenced her art, she responds:

My home is in more than one culture, this fact is reality for a huge amount of Europeans and by no means an exception. This has a big influence on my work and on the collaboration with my sister Sibel. Many of our works are based on memories. Most of them refer to shared familiar memories. Therefore we have reference fields whose character differentiates in a cultural context, Germany and Turkey. Both are inextricably linked with each other [17].

What the sisters do on a personal level is to record and present their memories and subjective experiences which constitute the basis of the work, and on a general level, the work connects simultaneously with the artistic and non-artistic communities in-and-between these countries, as this is a vision commonly experienced during the summer holidays. Behind the Wheel takes the actual mobility of the Gastarbeiter, folds and presents it back to us. The cliché of the Gastarbeiter family; an image of the Turkish worker and his family going back to the ‘motherland’ is in front of our eyes. The Öztürk sisters give an artistic visibility to this journey and its participants although they are physically absent. But where does Turkey stand for these artists? How do they ‘fold’ Turkey into/with Germany? Anny Öztürk responds:

Our connection to Turkey is strong… in our hearts. The language I use when thinking, dreaming, and speaking is German. My Turkish is more of a foreign language. I always want to live in Germany, but I want to be buried in Turkey with my ancestors, with my family [17].

Through their work, we can see how migrants transform geographic and cultural boundaries, how such ‘travels’ potentially change and challenge presupposed understandings of identity.

Behind the Wheel

PR-07-tuerkisch06-g
Anny Öztürk, die noch in Istanbul zur Welt kam, und ihre Schwester Sibel Öztürk, geboren  in Eberbach/Neckar, gehören der zweiten Generation türkischer Migranten an und haben an der Frankfurter Städelschule studiert.
Sie beschäftigen sich intensiv mit der Konstruktion von Erinnerung und mit Räumen, in denen sich Erinnerung abzeichnet. Dabei geht es nicht darum, originäre Erlebnisse und Bilder abzurufen, sondern diese retrospektiv zu erneuern und zu kontextualisieren. Die Erinnerungsform ist stets eine rückblickende, der Ausgangspunkt aber ist die Gegenwart der Künstlerinnen. Bei den Öztürks ist das Erinnern und das damit verbundene Produzieren von Bildern und Texten Bestandteil ihrer künstlerischen Verfahrensweise. Ausgangspunkt für viele ihrer Arbeiten ist die eigene Kinderzeit, Erfahrungen, die sie und ihr Aufwachsen prägten.
Im Zentrum ihrer Installation Behind the Wheel beispielsweise steht ein historischer weißer Mercedes, der mit Koffern und Teppich beladen ist. Das Kennzeichen OF – X 409 verortet den Wagen im hessischen Offenbach, wo die Öztürk-Schwestern aufwuchsen.
Von dort ging es alljährlich im Sommer in die Türkei, und die tagelange Autofahrt führte die Familie durch osteuropäische Länder wie Jugoslawien, Bulgarien, Österreich, Italien, Griechenland und auch mal Rumänien. Diese Reiseroute dokumentieren die Öztürks auf mehreren Landkarten und verbinden einzelne Stationen dieser Fahrt mit Erinnerungsbildern. In diesen kolorierten Zeichnungen, die auf eigenen Familienfotografien beruhen, visualisieren Öztürks kleine Szenen. Handgeschriebene Texte erläutern die Bilder, breiten aber auch ein Narrativ aus, das scheinbar auf erlebter Erinnerung basiert und einen tagebuchähnlichen Charakter evoziert. Da die Bilder jedoch stets formelhaft und reduziert wirken, die Personen mehr als Typen denn als Individuen ins Bild treten, wird von der subjektiven Erinnerung abstrahiert und es bleibt Platz für eigene Projektionen.
behind the wheel 04
Öztürks verarbeiten in ihren Zeichnungen Ausschnitte aus einer Kindheit, die von einer nicht-deutschen Herkunft geprägt ist, sie beschreiben einen Zustand, der ihre Sozialisation bestimmte. Nur während der Sommermonate lebten die beiden bei Großeltern und Tanten und waren mit anderen Gebräuchen und Traditionen konfrontiert. Diese Erfahrung teilen sie mit vielen anderen Migrantenkindern, die Jahr für Jahr in das Herkunftsland der Elterngeneration fuhren und dort nur einen Ausschnitt einer sogenannten Heimat erlebten.
Burcu Dogramaci

Wallhangings Floorlayings

Wallhangings Floorlayings

Anny und Sibel Öztürk zeigen eine Arbeit aus einem großen, handbemalten Teppich und einer Skulptur.Der Teppich, der ob seiner Größe sowohl als eine Wandarbeit als auch als eine Bodenskulptur fungiert, variiert Motive nach Skulpturen von Constantin Brancusi und “Muster” aus Gemälden von Frank Stella, die Anny und Sibel Ötztürk bereits in einer früheren Teppich-Arbeit für ihre Ausstellung Das Auge des Sammlers in den 11m2, 2014 aufgegriffen haben. In dieser Ausstellung traten sie als Sammlerinnen auf, die sich Werke der Moderne aneigneten und sie mit eigenen Erzählungen und Kommentaren überformten. An dieses Sammlerkabinett knüpft der große Teppich in Wallhangings Floorlayings sichtbar an.

Großen Raum im Werk der Künstlerinnen nimmt der Umgang mit Erinnerungserzählungen ein, in denen, an Hand der eigenen Familiengeschichte, das Beheimatetsein in mehr als einer Kultur zum großen übergreifenden Leitthema wird.

Die Geschichte, in der sich ein Zusammenhang zwischen den Werken des rumänisch stämmigen Künstlers Constantin Brancusi, einem der bedeutendsten und einflussreichsten Bildhauern des 20. Jahrhunderts und der Familiengeschichte der Öztürks herstellen lässt, nimmt ihren Anfang in der expansiven Siedlungspolitik des osmanischen Reiches in Osteuropa. Nachdem ihre Familie bereits seit mehreren Generationen in Rumänien gelebt hatte, erarbeitete sich die Urgroßmutter der Künstlerinnen väterlicherseits dort als Gestalterin und Fabrikantin von Teppichen ein beträchtliches Vermögen. 1918 konnte sie ihr Sohn, Großvater Öztürk, aufgrund der politischen Folgen des Ersten Weltkrieges davon überzeugen, mit ihm in die Türkei zurück zu kehren.

1937 erhielt der seit 1904 in Paris beheimatete Brancusi den Auftrag für ein Kriegerdenkmal in Targu Jiu, das der im Ersten Weltkrieg gefallenen rumänischen Soldaten gedenkt. Zu dem dreiteiligen Ensemble, das zu den Hauptwerken des Künstlers zählt, gehört die größte Fassung seiner “Endlosen Säule”, die auch im Teppich der Künstlerinnen eine Zentrale Position einnimmt.

Sieben Jahre nach ihrer Installation Unspeakable Home*  machen Anny und Sibel MyBerlinWall mit der Installation Wallhangings Floorlayings zu einem Ort, an dem sich die mütterliche und die väterliche Linie der Familie Öztürk in einer von den Schwestern betriebenen Rezeption der europäischen Moderne treffen. Stand
Unspeakable Home noch klar im Zusammenhang ihrer Installationen, die sich aus “Illustrationen” ihrer familiären Erinnerungsgeschichten verstanden, so gehen sie mit Wallhangings Floorlayings einen neuen, aus ihrem Sammlerkabinett heraus entwickelten Weg. Geschichte und Geschichten werden hier in einer abstrakteren, offeneren Form der Erzählung vermittelt.

Beiden Installationen ist gemeinsam, dass sie sich in ihrer Gestaltung gezielt mit dem Ausstellungsort, einer Wand in einem privaten Interieur, auseinandersetzten. Unspeakable Home erweiterte, unter Berücksichtigung des Grundrisses der Wohnung, das tatsächliche Zuhause unaussprechlicherweise um den Wintergarten von Adolf Hitlers Berghof. Wallhangings Floorlayings nimmt in Gestalt des Teppichs die Form eines Gegenstandes an, der durchaus ein Vorkommen in einem Charlottenburger Haushalt haben könnte. Er greift von der Wand, als Wandteppich, auf den Boden über und wird so für die Dauer der Ausstellung zur realen Auslegeware des Esszimmers, in dem sich die Ausstellungswand von MyBerlinWall befindet.

Für die Bereicherung durch die Immigrantenkulturen ist diese Arbeit von Anny und Sibel Öztürk auf gleich mehreren Ebenen ein hervorragendes Beispiel. Ihr Teppich bedient sich in der künstlerischen Rezeption historischer Kunstwerke bei allen Unterschieden der künstlerischen Sprache, einer ähnlichen erzählerischen Strategie.

Rafael von Uslar

image7h

Das Auge des Sammlers im Lili-Tempel

Das Auge des Sammlers II, 2016

zu Gast im Lili-Tempel in Offenbach

Die Vernissage/Austellung im Lilitempel in Offenbach, geht nur einen Abend lang.
Wladimir Kaminer wird mit seinem Filmteam von 3Sat vor Ort sein und Aufnahmen machen.

 

Mit freundlicher Unterstützung
von Dr. Claudia Nagel und des Amtes für Kultur- und Sportmanagement der Stadt Offenbach

Der Metzlersche Badetempel in Offenbach am Main, vom Volksmund Lili-Tempel genannt, ist ein ehemaliger klassizistischer Badetempel des Frankfurter Bankiers Friedrich Metzler in der Offenbacher Innenstadt.

Erbaut wurde der Badetempel 1798 vom französischen Architekten Nicolas Alexandre Salins de Montfort, nachdem Metzler 1792 seinen Sommersitz nach Offenbach verlegt hatte. Der Bau gilt als Montforts einziges Werk im Rhein-Main-Gebiet, das im Ursprungszustand erhalten ist.

Der Tempel erhielt im Volksmund seinen Namen Lili-Tempel nach der Verlobten Johann Wolfgang von Goethes, Anna Elisabeth Schönemann, mit der sich dieser 1775 im umliegenden Park zu treffen pflegte. Der Park erhielt den Namen Lili-Park erst zum 100. Todestag Goethes im Jahre 1932.  – Wikipedia

img_7896

Another Brick in the Wall

wandjpeg-kopie
Another Brick in the Wall

An der Paul Hindemith Schule gilt es den zentralen Aufenthaltsraum der Schule zu gestalten. Diese Gestaltung soll als ein von Künstlern begleitetes Schulprojekt entwickelt werden.

Am Anfang der Entwicklung einer Gestaltungsidee steht die Frage an die Schülerinnen und Schüler, was sie sich für ihre Schule und für den Aufenthaltsraum im Besonderen wünschen. Welche Gemeinsamkeiten sie für sich entdecken.

Die künstlerische Konzeption sieht vor, dass die Schüler exemplarisch eine „Stimme“ bekommen, das heißt zu Wort kommen, mit dem, was ihnen wichtig ist.

Als Leitmotiv dient die Internationalität der Schule. Ihr Namensgeber, einer der bedeutendsten Komponisten des Zwanzigsten Jahrhunderts, lehrte und arbeitete in Deutschland, der Türkei, der Schweiz und den USA. Die internationale Wirkung seines Schaffens geht zudem bis heute noch sehr weit über diese Lebensstandorte hinaus. An „seiner“ Schule kommen Lehrende und Lernende zusammen, deren Familien in den unterschiedlichsten Nationalitäten ihr Herkommen haben. Diese Internationalität stellt einen großen Reichtum kultureller Hintergründe dar und bildet einen wesentlichen Ausgangspunkt für die Grundidee des zu entwickelnden Gestaltungsprojektes.

Zunächst einmal gilt es herauszufinden, wie viele Nationen in der Hindemith Schule vertreten sind. Die sich hier bietende Vielfalt eröffnet das Abenteuer, das ganz Besondere und je Eigene des kulturellen Herkommens ebenso zu bestimmen, wie die entscheidenden Gemeinsamkeiten zu entdecken und zu erforschen. „Viele sind wir“, heißt es in einem Gedicht von Pablo Neruda. Viele, das bedeutet nicht nur Vielzahl, es kann eben auch Vielfalt bedeuten.
Die Künstlerinnen Anny und Sibel Öztürk beziehen sich in ihrer persönlichen und künstlerischen Identität auf zwei Kulturen, auf Deutschland, als dem Land ihres Lebens- und Arbeitsschwerpunktes und auf die Türkei, als dem Land ihrer familiären Wurzeln. Ihre Arbeit ist wesentlich geprägt und inhaltlich bestimmt von der Verwurzelung in mehr als nur einer Kultur. Ihre Stärke ist es, in im Wortsinne vielschichtigen Erzählungen, kulturelle Muster in ihren Erzählungen zu überblenden und dabei zu erstaunlich einfachen, aber höchst eindrücklichen Bildzeichen zu finden. Ein weiterer, wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist die Offenheit für kreative Beteiligungen und Kooperationen. Eines ihrer Projekte haben sie „Labor“ genannt. Tatsächlich ist das offene Labor, die für viele geöffnete Arbeitsstätte, die große „audience-participation-number“ ein ganz wesentlicher Aspekt ihrer Arbeit.
bild

Ziel des Projektes ist es, den Schülern und Schülerinnen, das was sie in alltäglicher Erfahrung als aneinander fremd und trennend erleben mögen, als eine Stärke und Bereicherung zu erschließen. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler sich die Schule als „ihren“ Ort erobern, einen Ort, den sie gestalten können, an dem ihre Interessen und Identitäten sichtbar prägende Zeichen hinterlassen.

Der Titel des Projekts zitiert mit „Another Brick in the Wall“, den 1979 veröffentlichten Welthit der britischen Rockband Pink Floyd. In dem leider etwas schlichten Text dieses Liedes werden öffentliche Bildungsaufträge ebenso als missbräuchlich verunglimpft, wie der Bau von Mauern. Während ohne Zweifel Bildung ebenso fördern kann, wie Mauern schützen und umfrieden, so wird in diesem Projekt jede Stimme, jede von den Schülerinnen und Schülern eingebrachte Idee, zu einem Baustein zum Aufbau der gemeinsam  entwickelten Wandgestaltung.

Rafael von Uslar 

Everyone is an Island

Everyone is an Island, 2011

Kuratiert von Anny und Sibel Öztürk

Ausstellung im Hauptbahnhof Offenbach zur Buchmesse mit dem Schwerpunkt „Island“.

eviai-poster

Partizipierende Künstler: Anna Lindal, Levent Kunt, Markus Bujak, Troy-Anthony Baylis

Jeder Mensch ist irgendwie und irgendwo eine Insel, Künstler sind dazu noch wandernde Inseln, die häufig miteinander kollaborieren. Island und wie das funktionieren kann, das ist von 22. 9 bis zum 22.10 im Offenbacher Hauptbahnhof zu sehen. In Zusammenarbeit mit dem Kunst- und Kulturprogramm der Buchmesse „Sagenhaftes Island“ und dem Forum Kultur und Sport der Stadt Offenbach ist eine Ausstellung entstanden, die in der ehemaligen Schalterhalle und den Ausstellungsräumen der Hochschule für Gestaltung im Hauptbahnhof Offenbach isländische Künstler präsentiert und nicht isländische, die sich entweder mit dem Thema Island befassen, oder die wie Troy- Anthony Baylis in Island gelebt und gearbeitet haben.

Kuratiert wurde die Ausstellung von den beiden Offenbacher Künstlerinnen Anny und Sibel Öztürk.

In der Galerie stellt die isländische Künstlerin Anna Lindal ihre Videoinstallation „Borders“ aus, ein sehr persönliches Stück Island, zu dem der Betrachter eingeladen wird.

_mg_2635

Die zweite Installation „Fabulous Offenbach“ der Künstlerin holt den Garten ins Haus, die Grenzen zwischen Natur und gebautem Raum verschwimmen.

 

Levent Kunt importiert mit „Mimesis“ ein Stück Reykjavik, der Ausstellungsraum passt sich während der Ausstellung ständig den klimatischen Gegebenheiten der Stadt im hohen Norden an.

 

Die Foto- und Handarbeiten von Troy-Anthony Baylis „Installations for Tomorrow“ verwandeln den ehrwürdigen Baum der ehemaligen Bahnhofsgaststätte in ein Gerüst und in eine Projektionsfläche. Allen Künstler der Ausstellung ist gemein, dass sie sich mit dem urbanen Leben und der Natur befassen und den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung liebevolle und überraschende Innen- und Außenansichten eines Landes zeigen, das sich nicht nur durch seine raue und wechselhafte Natur auszeichnet, sondern auch starke Künstler und Filmer zu bieten hat.

_mg_2654

troy-anthony-baylis_islandimgp3248-kopie-2


Einen besonderen Kontrapunkt stellte die wiederbelebte ehemalige Schalterhalle dar, in der Markus Bujak mit seiner Rauminstallation Sirkus Bar die Frage aufwarft: Reisezentrum oder Bar? Zutaten zu der außergewöhnlichen Arbeit wurden isländische Musik, isländische Getränke und isländische Filme. Was zunächst vielleicht auf den ersten Blick als Bar erschien, entpuppte sich als persönliches Reisezentrum. Daneben wurden in dem ehemaligen Reisezentrum durchgehend unter anderem Filme von unterschiedlichen isländischen Filmemachern wie Sigor Rós oder Egill Sæbjörnsson gezeigt.

 

 

 

unspeakable home – Buchprojekt

hausbuchvollendet - Kopie - Kopieunspeakable home

die luft kühlt langsam etwas ab, die stadt kommt ein wenig zur ruhe. das sonnenlicht schwingt sich friedlich durch die hohen fenster ins haus, streift dabei das gitterartige netz des fenstergerüsts, erreicht die kissen, die auf dem am fenster stehenden diwan aufgereiht sind, berührt fast jedes einzelne blatt der zimmerpflanze, geht die linien des beistelltisches ab und endet als zauberhaftes licht -und schattenspiel auf den bildern und der tapete an den wänden und auf dem ornamentalen muster des seidenen orientteppiches auf dem boden.

monsterabuch - KopieomaopamamaBUCH - Kopie
ich lasse die goldenen strahlen der abendsonne durch meine geschlossenen lider dringen und empfange ihre warmen berührungen auf meinem gesicht. und ich brauche die augen nicht zu öffnen, um das wohnzimmer meiner großeltern, das haus meiner oma, zu beschreiben. es ist eingetaucht in goldenes licht. von zwei seiten dringt dieses üppig und hell hinein.

berghoftinteBUCH2 - Kopie

 

die fensterfronten recken und strecken sich von einer wand zur anderen und sind fast bodentief und deckenhoch. das schachbrettartige muster der schatten rastert den raum und die sonne scannt jeden gegenstand, der sich ihr in den weg stellt.

divanbuch
es ist später nachmittag in istanbul, kurz vor der blauen stunde, kurz bevor die sonne noch ein letztes mal mit aller kraft aufleuchtet für diesen tag, dann beinahe brennend feuerrot am horizont verschwindet und das licht hinter sich ausmacht. meine lieblingszeit.

stadtruhtbuch

ich liebe diese besinnliche ruhe, die für kurze zeit der hektik des tages die stirn bietet und den atem innehalten lässt. alle kinder rennen heim, die väter fahren nach hause zu ihren familien, das geräusch von schuhgeklapper verringert sich für einen augenblick, denn länger dauert sie nicht an, diese ruhige minute. dann nimmt alles wieder seinen gewohnten lauf.

strasseBUCH - Kopie
mein vater hasst diese zeit des tages. er hasst, dass alle kinder heim zu ihren müttern rennen, dass die väter von der arbeit zurückkehren und am tisch mit der familie zusammenkommen, um gemeinsam das abendessen einzunehmen. er hasst, dass sich das geräusch von schuhgeklapper verringert, um den abend einzuläuten. denn dann bringen die mütter ihre kleinen zu bett und lesen ihnen noch vor, streicheln ihnen über das haar und decken sie fürsorglich zu, geben ihnen einen gutenachtkuss. „morgen früh, wenn gott will, wirst du wieder geweckt“. ein kurzer blick der mutter noch durch den schmalen türspalt, dann dringt leise das licht aus dem flur in das kinderzimmer und verspricht geborgenheit. doch diese mutter war abwesend im hause meines vaters. der spalt in der tür blieb dunkel. kein versprechen. keine gewissheit.

opakatzenBUCH - Kopie
ich öffne die augen. die sonne ist weitergewandert und sie erreicht meine lider nicht mehr. das köstliche fensterblatt jedoch, die große zimmerpflanze, die durch das halbe wohnzimmer wächst, wirft seine schatten nun an die wand und auf den alten sessel, der neben dem diwan steht. es ist die lieblingspflanze meines opas, die er jahrzehntelang wie seinen augapfel gehütet hat. Ich hatte sie als baby fast zu grunde gerichtet, auf jenem sessel sitzend, ihr die blätter abgerissen. und mein opa hatte dabei zugeschaut und sich an meiner freude erfreut. das beweisfoto klebt im familienalbum und ermuntert meine eltern, mir jedes mal diese geschichte zu erzählen, wenn wir das dicke, braune buch in den händen halten.

babyaufsesselBuch - Kopie - Kopie

die stadt atmet weiter, der zauber ist gebrochen, die straße zeichnet mit langen schatten ein bild ihrer unmittelbaren umgebung. ich höre die stimmen meiner mutter und der urgroßmutter aus der küche. Sie bereiten auf dem feuer des gasherdes das abendessen zu und meine uroma gibt ihr wissen an die enkelin weiter. meine kleine schwester sitzt auf dem schoß des opas, der mit meinem vater auf dem balkon das allabendliche pläuschchen hält. Sie reden über politik, sport und über alte zeiten. meine schwester schaut opa groß an und zieht ihn an seinem weißen, osmanischen schnurrbart.


bevor die sonne ganz verglüht ist, renne ich schnell raus, laufe durch die eingangshalle, wo die glaskanister mit trinkwasser stehen, vorbei an der garderobe und dann die große außentreppe runter, in den riesigen garten, um dem tag lebwohl zu sagen. es duftet nach blumen und nach obst und erde und nach meer. süßlich und satt riecht es.

dielebuch
der simitverkäufer läuft an unserem gartentor vorbei und bietet seine sesamkringel mit einem fast gesungenen ruf an: „siiiiiimiiiiiiiiiijiiiit, siiiiimiiiiiijiiiiit…“, katzen schleichen durchs tor in den garten auf ihrem weg zu ihren schlafplätzen oder sitzen auf der mauer und lecken ihre tatzen. menschen eilen noch schnell zum bakkal an der ecke, um brot und andere lebensmittel zu besorgen, bevor es nach hause geht.

blatt3 - Kopie
das licht spendet nun die straßenlaterne, die im fliegenden wechsel mit der sonne den versuch unternimmt, den platz vor unserem haus und die straße zu erhellen. ihr licht leuchtet schwach auf die obstbäume im garten, verfängt sich in deren blättern und früchten und verliert sich in dem dunklen gewirr der sträucher.

hausbuchvollendet-kopie-kopie
ich stehe jetzt mit dem rücken an den noch warmen gitterstäben des eisernen tores gelehnt und schaue aus dem garten auf das hell erleuchtete fenster des hauses meiner oma hoch. Nun dringt das helle, warme licht der lampen aus dem wohnzimmer durch das hohe fenster, das die gesamte vorderfront des hauses einnimmt, hinaus auf den balkon, hinaus in die stadt, wie ein leuchtturm und leuchtet mich heim.

leuchtturmhausbuch
nun sind es die inneren, die zu den äußeren schatten werden, die sich auf der fassade des hauses spiegeln, um dann in dem dichten und dunklen gewirr der pflanzen und sträucher des gartens zu verschmelzen und zu verschwinden.

auch mich nehmen sie auf in die dunkelheit.

imgarten2-kopie

 

Frankfurter Zimmer (Re-Collection)

Re-Collection“ and „Dresdner Zimmer“

rc-02

Anny and Sibel Öztürk`s works are founded on the experience of their parents immigration to Germany in the `70s. Anny was born in Turkey, Sibel in Germany, but they were both brought up in Frankfurt. They know their own Turkish past/identity (only) from pictures, stories and some visits to Turkish relatives. In their „Frankfurter Zimmer („Re-Collection“) they reconstructed a (their) Turkish room – based on a mixture on narrative, memory and imagination. The room contains various pieces of furniture, (their) toys, old photographs and documents, and a replica of their aunts beloved divan, all in `70s style. Super-8 films of the two girls are shown on a television. A series of color drawings on the wall shows the little black haired Anny in the first year of her life:“I could already talk when I was only six month old. The thing I loved doing most was watching people and listening to them“, it says under a picture from the „Familienalbum“ series.

rc-03

The Frankfurter Zimmer is more than a reconstruction of a Turkish identity that ultimately – like the room itself – has to remain incomplete. The so called „Dresdner Zimmer“ was created as a counterpart to the Frankfurter Zimmer. The Öztürks travelled to the former GDR for the first time in the year 2000, where they found places that seemed to fit precisely with their image of East Germany. They also believed that the GDR was gray, bleak, dull, sunless ect. The Czech, Polish and generally Eastern European movies that they saw as children, like „Lucy der schrecken der Strasse“, „Die Zauberbraut“, „Das eiserne Herz“, ect, ultimately shaped their image of the GDR, which seemed to be generally much less colourful than the Federal Republik. In their „Dresdner Zimmer“ the Öztürk`s realized an image that they had had in their heads for years. They used cardboard, fabric and self-adhesive imitation woodgrain plastic veneer to built an armchair, a sofa, a table and a sideboard. Stills taken from well-known Defa movies hung on the walls of the room. The Frankfurter Zimmer and the „Dresdner Zimmer“ relate to each other and the way the rooms were constructed is made absolutely clear: the reconstructions are obviously reconstructions, the furnishings are fragmentary, just enough to show the intended function of the individual rooms.

The Öztürk`s projection of East Germany is just as much based on clichéd conceptions as the image of their own cultural identity is, the latter in turn being built on a specifically German conception of what Turkish culture is. Cultural identity appears in the work of Anny and Sibel Öztürk`s as a construct.“

Barbara Steiner

rc-01